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Um die Wartung von Flugzeugen nicht in festen Intervallen durchführen zu müssen, sondern sie nur dann durchzuführen, wenn sie auch wirklich nötig ist, muss die Flugzeugstruktur von autarken kabellosen Sensorknoten überwacht werden. Da diese bedingt durch ihren Einsatzort nicht von einer Batterie betrieben werden können, muss die durch Energy Harvesting bereitgestellte Energie für den Betrieb der Sensorknoten ausreichen. Daraus entstehen hohe Anforderungen an die Energieeffizienz des Kommunikationssystems der Sensorknoten, da die Kommunikation den wesentlichen Anteil am Stromverbrauch ausmacht. Eine Möglichkeit den Energieverbrauch stark zu senken besteht darin, einen Wake-Up Receiver zu verwenden, um den Knoten aufzuwecken, wenn eine Kommunikation nötig wird.

Im Rahmen des Projekts wurde als Anwendungsszenario die Tür-Umfeldüberwachung im Flugzeug ausgewählt. Bei der Tür-Umfeldüberwachung sollen Stöße, welche zum Beispiel durch Fahrgasttreppen oder Fluggastbrücken verursacht werden können, erkannt und die entsprechenden Beschleunigungswerte gespeichert werden.

Auf Anfrage werden dann diese Beschleunigungsmesswerte später zu einem zentralen Server übertragen, um sie auswerten zu können. Anhand der Stärke des Stoßes kann die Auswirkung auf die Tür prognostiziert und bei Bedarf ein akkurateres, aber zeitaufwendigeres und damit teureres zerstörungsfreies Prüfverfahren angesetzt werden.

Ein Wake-up Receiver liefert bei diesem System in zwei wesentlichen Punkten Vorteile.

  • Die Messungen der Stöße sollen ereignisorientiert durchgeführt werden; sprich, nur wenn Fluggastbrücken / Fahrgasttreppen an das Flugzeug herangeführt werden, soll das Sensorsystem aktiv sein. Dazu wird z.B. das Sensorsystem von der sich nähernden Fluggastbrücke aufgeweckt. Dies ist unter Einsatz eines Wake-up Receivers besonders energie-effizient möglich.
  • Die Messdaten sollen auf Anfrage des Wartungspersonals übertragen werden. Dazu muss das Wartungspersonal das Sensorsystem aufwecken, um die Daten abfragen zu können. Dies ist wiederum nur unter Einsatz eines Wake-up Receivers besonders energie-effizient möglich.

Da die Sensoren direkt in die Struktur verbaut werden sollen und ein Batteriewechsel daher nicht möglich ist, muss das gesamte Sensorsystem möglichst energie-effizient ausgelegt werden. Unter Berücksichtigung der beiden oben genannten Aspekte bringt ein Wake-up Receiver entscheidende Vorteile bei der Tür-Umfeldüberwachung und ist die Schlüsseltechnologie die diese Applikation erst ermöglicht.

Zahlreiche Schalter in der Automobil- und Industrietechnik erfüllen sehr einfache Aufgaben, erfordern jedoch einen großen Applikations- und Installationsaufwand. Gerade im Fall der automobil eingesetzten Sensoren ergeben sich aufgrund der hohen Zahl unterschiedlicher Modelle zahlreiche Varianten einer Applikation. Dies führt, wenn man die ganze Logistikkette betrachtet, zu hohen Kosten in der Applikationsbetreuung, der Montage und bei den Stückkosten. Des Weiteren spielt heute das Design der sichtbaren Komponenten eine wesentliche Rolle. Hierbei schränkt der Kabelabgang herkömmlicher Schalter das Design stark ein, sodass der Funkschalter neue gestalterische Freiheiten bringen kann.

Ein wesentliches Problem stellt jedoch der sehr geringe, maximale Stromverbrauch im Automobil dar, der bei einer dauerhaft an der Batterie angeschlossenen Komponente (< 100µA) akzeptiert wird. Mit herkömmlichen Empfängern ist dieser geringe Stromverbrauch nicht zu erreichen. Entgegen der batteriebetriebenen Systeme erlauben es autarken Komponenten aufgrund der sehr eingeschränkt zur Verfügung stehenden Energie nicht, lange Präambeln zu senden, um einen periodischen System-Wake-Up des Empfängers zu nutzen. Der Empfänger muss daher dauerhaft auf dem Kanal hören und darf dabei nur sehr wenig Energie verbrauchen.

Im Bereich der Automobilelektrik könnten autarke Mikroschalter die herkömmlichen, kabelgebundenen Schalter beispielsweise in einem Cabrio-Verdeck durch drahtlose, autarke Schalter ersetzen. Die Anforderungen an die Schalter bezüglich der Bewegungsabnahme sind relativ niedrig, jedoch nicht die Knickbelastung durch das Auf- und Zufalten des Daches. Hier entstehen besonders hohe Belastungen der Verkabelung welche immer wieder zum Reißen der Litzen führen. In einem Faltdach sind je nach Modell ca. 10 Positionsgeber untergebracht, welche in zeitlich definierter Reihenfolge ihre Schaltsignale abgeben. In der funkbasierten Version würden die kabelgebundenen Schalter direkt gegen ihre drahtlosen Pendants ersetzt werden.

Die Automatisierung gebäudetechnischer Anlagen wird in naher Zukunft einen starken Zuwachs erleben. Gründe hierfür sind sowohl wachsende Sicherheitsanforderungen als auch die Notwendigkeit, den Energieverbrauch auf Grund der stetig wachsenden Kosten für Brennstoffe und elektrischer Energie sowie den Wasserverbrauch in Gebäuden zu minimieren. Auch der Bedarf an zusätzlichem Komfort, wie zum Beispiel die automatische oder manuelle Fernsteuerung von Beleuchtung, Belüftung, Türen, Garagentoren, elektrischen Haushaltsgeräten etc. ist ein entscheidender Motor für die Entwicklung und den Einsatz von Anlagen zur Gebäudeautomatisierung.

Im Rahmen des Projektes wird ein Smart Metering Demonstrator entwickelt, der aus einem Netz von Heizkostenverteilern besteht. Heizkostenverteiler (HKV) sind Erfassungsgeräte, die zur Ermittlung des Wärmeverbrauchs in Gebäuden (z.B. Büro- und Mietshäuser) dienen, in welchen sich mehrere Nutzer eine Heizungsanlage teilen.

Die Priorität bei der Auslegung des Systems liegt auf der Batterielebensdauer von mindestens 10 Jahren , der großen Reichweite in Gebäuden, und der Möglichkeit, mehrere hundert Geräte in ein Netz zu integrieren. Zur Vergrößerung der Reichweite sollten die HKV multi-hop-fähig sein. Fungiert ein Verteiler als Zwischenknoten, so wird dieser einen deutlich höheren Stromverbrauch als ein Endknoten haben, was eine größere Batteriekapazität notwendig macht. Eine intelligentere Lösung bietet ein Multi-Hop-Netzwerk, was mehrere redundante Pfade besitzt. Mehrere HKV könnten in einem solchen Netz ja nach verbleibender Batterieladung abwechselnd die Funktion eines Zwischenknotens übernehmen. Dies führt zu einer gleichmäßigeren Entladung der Batterien aller Knoten eines Netzes. Grundsätzlich soll eine starke Verschlüsselung eingesetzt werden, um Manipulationen des Systems zu verhindern.

Durch die Ausstattung der Geräte mit einem Wakeup-Radio-Transceiver ergeben sich vielfältige Vorteile:

  • Sensoren werden nur noch bei Bedarf aufgeweckt werden und anschließend und ihre Messwerte übertragen. Sie können somit die meiste Zeit im Sleep-Modus bei äußerst geringer Stromaufnahme arbeiten.
  • Dadurch können bei Erreichung der gleichen Gerätelebensdauer die Batterien kleiner dimensioniert werden.
  • Durch die Geräte verursachte mögliche Störungen auf Grund von unnötig gesendeten Daten werden stark reduziert.
  • Mittels Hand-Shake Verfahren wird die Sicherheit der Übertragung erhöht. - Durch die nun vorhandene bidirektionale Kommunikation können sichere Authentisierungs- und Verschlüsselungsalgorithmen implementiert werden.
  • Es eröffnen sich weiterhin vielfältige Möglichkeiten der dynamischen Gerätemodifikation angefangen von der Konfigurationsänderung, der Kalibrierung bis hin zum Firmware-Update über die Radioschnittstelle.

Bei der Verwendung von Sensornetzwerken außerhalb von Gebäuden sind meisten Entfernung zu überbrücken, die mit einem Low-Power ISM-Band Transceiver nicht erreicht werden. Nichtsdestotrotz finde diese auch in einem solchen Umfeld Anwendung. Größere Entfernen werden hierbei durch den Einsatz von Routing-Verfahren überbrückt. Hierbei bilden mehrere Knoten ein sogenanntes Multihop-fähiges Sensornetzwerk in dem die Daten beliebig übertragen werden können und die überbrückte Entfernung lediglich durch die Fähigkeiten des Routing-Protokoll bzw. dessen Implementierung bestimmt wird. Darüber hinaus kann prinzipiell Energie eingespart werden, wenn eine Entfernung in mehreren Hops überbrückt wird, da die benötigte Energie pro Hop mit einer hohen Potenz der Entfernung anwächst.

Generell bekommen Wakeup-Systeme in Sensornetzen dieser Art unmittelbar dann eine hohe Bedeutung, wenn es sich um Multihop-Netze handelt. Bei einer einfachen Sterntopologie kann die zentrale Senke oftmals vom Stromnetz oder einer leistungsfähigen Batterie versorgt werden und ständig für eingehende Botschaften bereitstehen. In diesem Fall gibt es auch keine Notwendig, Routing-Information auszutauschen oder bei Ausfall eines Knotens eine neue Netztopologie zu berechnen. Die interessanten und leistungsstarken Systeme sind aber Multihop-Netze, welche mittels verteilter Intelligenz die Topologie und das Routingschema selbst berechnen oder zumindest im Fehlerfall selbst heilen.

Wie im Folgenden genauer dargestellt, sind Wakeup-Radios in zwei Zusammenhängen von großem Vorteil:

  • Ein Netz zur periodischen Erfassung von Umweltdaten sammelt Information von verteilten Sensoren an einer zentralen Senke zur Weiterleitung oder Speicherung. Messungen erfolgen in vielen Fällen in großen zeitlichen Abständen (z.B. einmal am Tag). Eine sehr hohe Lebensdauer der Knoten liegt daher nahe. Ein vernünftig eingerichtetes low duty cyle Protokoll kann die regelmäßige Übertragung der Meßwerte energieeffizient durchführen, indem die Knoten nacheinander aufwachen und die Daten in Richtung Senke weiterleiten. In allen besonderen Fällen (Ausfall eines Knotens, Veränderungen der Funkbedingungen, Mobilität der Knoten usw.) welche zu der Notwendigkeit einer Umkonfigurierung des Netzes führen, ist das low duty cycle Protokoll aber überfordert. Dagegen ermöglicht ein Wakeup-System, dass die Knoten in beliebiger Reihenfolge und Richtung Botschaften austauschen um eine Umkonfigurierung durchzuführen.
  • Ein Netz zur Erkennung von besonderen Ereignissen verschickt nur dann Botschaften, wenn diese tatsächlich eintreten. Höchste Priorität ist, dass im Ernstfall diese auch verläßlich übermittelt werden. Hier ist es unmittelbar einsichtig, dass ein Wakeup-System zu einer besonders einfachen und energiesparsamen Lösung führt, indem auf jedem Hop der Empfänger genau zum richtigen Zeitpunkt in Empfangsbereitschaft gesetzt wird.
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Allgemeine Eigenschaften von Mutlihop-fähigen Sensornetzwerken sind in beiden Fällen (je nach der konkreten Anwendung) relevant. Jeder Sensorknoten kann prinzipiell als Datenquelle, Datensenke und/oder als Gateway agieren. Hierbei können sich die Rollen eines Knoten während seiner Lebenszeit ändern. So kann ein Knoten, der lediglich als Datenquelle arbeitete, beim Ausfall oder bei Überlast eines Gateway-Knotens selbst die Funktion eines Gateways für andere Knoten übernehmen. Darüber hinaus können sich die Positionen von Datensenken und damit die Ziele der zu übertragenden Daten zur Laufzeit ändern.

Damit ein Sensornetzwerk auf die Änderungen seiner Topologie reagieren kann, müssen Routing-Informationen übertragen werden. Hierbei kann man zwei wesentlich verschiedene Herangehensweisen verfolgen. Ein Knoten versendet aktiv neue Wegeinformationen an seine Nachbarn und veranlasst diese ebenfalls eine Neubewertung ihrer Wegewahl durchzuführen. Anderseits kann ein Knoten auch selbständig versuchen einen neuen Weg zu finden. Obwohl beide Herangehensweisen einen neuen Weg finden, wenn dieser vorhanden ist, benötigt letztere keine zusätzlichen Routing-Pakete. Sie hat aber den Nachteil, dass die Wegewahl mitunter sehr lang dauert und damit das gesamte Netzwerk nur träge auf Änderungen reagieren kann.

Für die Implementierung von reaktiven Sensornetzwerken wird stattdessen das Versenden von Zusatzinformationen bevorzugt. Änderungen können hiermit wesentlich schneller propagiert werden und Anpassungen sind bereits nach kurzer Zeit möglich. Das Versenden von Zusatzinformationen bedingt jedoch, dass Sender als auch Empfänger zum gleichen Zeitpunkt aktiv sind. Insbesondere bei der Verwendung von low duty cycle Protokollen ist dies nur selten gegeben bzw. vergehen längere Zeiträume zu einem entsprechenden Sendezeitpunkt.

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Bei einem low-duty cycle Protokoll verbringt der Knoten den Großteil seiner Lebenszeit in einem Low-Power Moduls in dem eine Kommunikation nicht möglich ist. In Multihop-fähigen Netzwerken wird dies zusätzlich erschwert, da hier meist ein Clustern des Netzwerkes erfolgt und die Datenübertragung von einem Cluster in einen anderen nur über bestimmte Knoten möglich ist.

Als Beispiel einer konkreten Anwendung zeigt die obere Abbildung die Verteilung von Stationen der FWA zur Überwachung der Grundwasserpegel im Bereich Briesen. Das gesamte Messnetz erstreckt sich über ein Gebiet von ca. 12km², wobei die Entfernung zwischen den Messstellen zwischen 100 bis 1500m variert. Jede Station besteht aus einem im Boden versenkten Rohr (untere Abbildung, Foto: Prof. Sigurd Schrader).

Zur Zeit wird der Pegelstand manuell gemessen, indem eine Brunnenpfeife am Maßband herabgelassen wird bis das akustische Signal erfolgt. Eine automatische dauerhafte Überwachung ohne manueller Intervention wäre die Aufgabe eines drahtlosen Sensornetzes