Drahtlose Systeme und Anwendungen 

Die Entwicklung von Systemen ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, deren Komplexität aufgrund der sich in den letzten Jahren immer weiter etablierenden Anwendungen in Gebieten wie Telemedizin, Industrie 4.0 etc. weiter gewachsen ist.

In diesen Anwendungsgebieten wird eine extrem hohe Zuverlässigkeit der Systeme erwartet, da hier bei Fehlfunktionen oder Funktionsausfall Menschenleben gefährdet sind. Die Abteilung Drahtlose Systeme untersucht einem holistischen Ansatz folgend, den Entwurf und die Realisierung derart komplexer Cyber-Physischer Systeme von Systemen (CPSoS), anhand ausgewählter höchst innovativer Anwendungen. Abbildung 1 illustriert diesen Ansatz, links  sind die Anwendungsfelder gezeigt, die die Arbeiten in den horizontal gezeigten Forschungsgebieten beeinflussen. So soll dargestellt werden, dass alle Forschungsfragen für alle Anwendungsgebiete relevant sind. Ganz rechts ist das Arbeitsgebiet Resilienz gezeigt. Resilienz der CPSoS ist das ultimative Ziel der Entwicklung. Deshalb müssen hier alle anderen Forschungsfragen einbezogen werden. Dieses gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Anwendung von Methoden der Künstlichen Intelligenz, die sowohl in den horizontal dargestellten Forschungsgebieten stetig an Bedeutung gewinnt, wenn es um neuartige Lösungsansätze geht, als auch eine unabdingbare Komponente von resilienten Systemen ist. Zusätzlich zur Untersuchung individueller Lösungsansätze ist die Entwicklung einer Entwurfsmethodik, die die Resilienz von Systemen sicherstellt, ein zentrales Thema, auch wenn dieses aus Komplexitätsgründen in der Abbildung 1 nicht dargestellt ist.

Bei einer gewichteten Betrachtung ergibt sich folgende Zuordnung zu den beiden Gruppen:

Sensornetzwerke und Middleware-Plattformen

  • Elastic computing >> hier klicken <<

    Elastic computing ist ein hochaktuelles, höchst innovatives Forschungsgebiet, das sich gerade erst entwickelt. In diesem Forschungsfeld werden Fragen wie die Sicherstellung von Quality of Service und Quality of Experience (QoE) in hybriden Netzwerken durch intelligente Bündelung von Übertragungskanälen, Lastbalanzierung zwischen edge-fog-cloud  mit Hilfe von KI-gestützten Maßnahmen erreicht werden können. Bei der Lastbalanzierung werden in den höheren Schichten die Aspekte Vertraulichkeit, Integrität und Schutz der Privatsphäre deutlich an Bedeutung gewinnen. So werden im Bereich der 5G-Campusnetzwerke beispielsweise Patientendaten übermittelt und verarbeitet. Wenn gleichzeitig der Ort der Verarbeitung dynamisch an die aktuelle Netzwerklast angepasst wird, müssen geeignete „Verarbeitungscontainer“ entwickelt werden, die die Vertraulichkeit der Daten, aber auch der Verarbeitungsalgorithmen, garantieren können. Die Herausforderung hier ist, dass diese Container in potentiell „feindlichen“ Umgebungen verwendet werden können. „Feindlich“ bedeutet hier die Ausführung der Daten oder Algorithmen außerhalb des Hoheitsbereiches des Besitzers und auf einer evtl. unbekannten Hardware. Erste Projektanträge zu elastic computing sind in Vorbereitung.  

  • Protocol design & in-network processing >> hier klicken <<

    Der Einsatz von drahtlosen und mobilen Sensornetzen, z. B. in den Anwendungsbereichen Landwirtschaft 4.0 oder Industrie 4.0, erfordert die Neuentwicklung von Protokollen, die insbesondere diese veränderten Betriebsbedingungen berücksichtigen. Hierunter fallen mobilitätsbedingte Veränderungen in der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Netzwerkverbindungen, Echtzeitanforderungen im Bereich autonomer Systeme etc. Deshalb soll untersucht werden, ob bzw. unter welchen Bedingungen Netzwerkprotokolle selbstständig durch die Netzwerke an veränderte Quality of Service bzw. Quality of Experience Parameter angepasst werden können und wie hierbei die Konsistenz der Protokolle in größeren Netzwerken gewährleistet werden kann. Zusätzlich müssen hier die Anwendungen mitberücksichtigt werden. Letzteres bezieht sich im Wesentlichen auf die Frage der Verarbeitung der Sensordaten. So werden im Projekt DAKIS KI-Verfahren bzw. ihre Implementierung auf FPGAs untersucht, um Tierstimmen nahe der Mikrophone, mit denen sie aufgezeichnet werden, bestimmen zu können. Hier ergeben sich eindeutig Querbezüge zum Themenfeld elastic computing.

  • Middleware >> hier klicken <<

    Middleware dient dazu, Anwendungsentwicklung zu vereinfachen, indem eine einheitliche Schnittstelle zu heterogenen verteilten Systemen realisiert wird. Dadurch können die Entwickler sich auf ihre Hauptaufgabe - die  Anwendung - konzentrieren, Details wie Datenaustausch oder Datensicherheit werden in der Middleware-Schicht realisiert. Der Fokus der Untersuchungen liegt hier auf der Integration, insbesondere ressourcenbeschränkter Systeme, wie drahtlosen Sensornetzen mit Cloud-Systemen. Dies hat Auswirkungen auf die verwendeten Protokolle und Programmiermodelle. Die Aspekte Sicherheit und Schutz der Privatsphäre sind die Kernforschungsthemen. Die Herausforderung ergibt sich aus den unterschiedlichen Kapazitäten der interagierenden Systeme, die trotzdem den gleichen Level an Sicherheit und Privatsphäre garantieren müssen. Die Anwendung einer universalen Middleware in mehreren Anwendungsgebieten (Smart Grid, Smart City, Umweltmonitoring etc.) erlaubt auch eine bessere Erfassung der Situation durch Datenfusion. Der Kern der Middleware wurde in den Projekten e-balance und Smart-Grid-Plattform umgesetzt und wird in den Projekten Smart River und e-balance-plus weiter entwickelt.

Totale Resilienz

  • Hardware Security >> hier klicken <<

    Die holistische Betrachtung von IT-Sicherheitsaspekten ist von besonderer Bedeutung für die Arbeitsgruppe Totale Resiliente Systeme und wegen der wachsenden Sicherheitsproblematik von hoher gesellschaftlicher Bedeutung. Die Bereitstellung von sicheren, im Sinne von gegen unterschiedliche Angriffe wie Seitenkanal- und Fehlerinjektions-Angriffe, geschützten Implementierungen ist das Hauptziel dieser Arbeiten. In den letzten Jahren wurden überwiegend Implementierungen von kryptographischen Operationen betrachtet. Hierbei wurden und werden Methoden der Künstlichen Intelligenz sowohl zur Durchführung von Angriffen als auch zur Erkennung von Angriffen verwendet. Insbesondere in den Projekten Morfeus und KISS werden Methoden zur Erkennung von Angriffen untersucht. In der Zukunft wird die Untersuchung von Angriffen gegen Methoden der Künstlichen Intelligenz stärker vorangetrieben, da derartige Angriffe, wenn sie denn erfolgreich sind, u. a. die Privatsphäre der Nutzer verletzen können und auch Systemeigenschaften wie Resilienz gefährden können. Da die KI-Methoden in eingebetteten Systemen verwendet werden sollen, geht es bei den Untersuchungen im Wesentlichen um Hardware-Implementierungen der KI-Methoden.

  • Methoden der Künstlichen Intelligenz >> hier klicken <<

    Im Fokus der Untersuchungen steht die Anwendbarkeit von Methoden der Künstlichen Intelligenz in eingebetteten, also ressourcenbeschränkten Systemen. Hieraus ergeben sich zwei außerordentliche Herausforderungen. Erstens verfügen eingebettete Systeme nur über eine begrenzte Rechenleistung, so dass komplexe KI-Methoden zumindest in Software nicht eingesetzt werden können. Um dieser Herausforderung zu begegnen, werden, wie bereits im Projekt Morfeus begonnen, Hardwarebeschleuniger entwickelt. Ein weiterer außerordentlich spannender Ansatz ist die Untersuchung hybrider Lösungen, bei denen komplexe KI-Methoden, beispielsweise in der Cloud, große Datenmengen analysieren und die so gewonnenen Ergebnisse verwendet werden, um mit Hilfe einfacherer Methoden der Signalverarbeitung in eingebetteten Systemen die Daten in Echtzeit zu evaluieren. Dieser Ansatz wurde erstmalig im Projekt fast-gait angedacht. Die zweite Herausforderung ergibt sich daraus, eingebetteten Systemen, denen u. U. nur eine sehr begrenzte Menge an Daten zur Verfügung steht, so dass unklar ist, ob das Trainieren von KI-Methoden mit diesen Datenmengen überhaupt möglich ist. Dieses Problem wird im Projekt KISS für Netzwerkangriffe gegen kritische Infrastrukturen untersucht. 

  • Resilienz: Metriken, spezifische Lösungen und Entwurfmethodiken >> hier klicken <<

    Dieses Themengebiet wird in der Zukunft mit der Einführung autonomer, intelligenter Systeme immer wichtiger. Dies leitet sich aus der Definition von Resilienz ab, die bedeutet, dass ein technisches System intelligent auf planbare und nicht planbare Ereignisse reagiert, wodurch die Funktionsfähigkeit des Systems in einem sicheren Bereich zu halten oder in diesen Bereich zurückzuführen ist. Diese extrem herausfordernde Aufgabenstellung kann die Entwicklung integrativer Lösungen gemeinsam mit den anderen Forschungsfeldern und den anderen Forschungsprogrammen des IHP erreicht werden. Die Bestimmung der Resilienz eines Systems ist eine immer noch ungelöste Aufgabe. Hierfür müssen allgemein akzeptierte Metriken entwickelt und deren Fähigkeit, Resilienz tatsächlich zu messen, nachgewiesen werden. Die Herausforderung hier ist, wie bestimmt man die Fähigkeit eines Systems, auf unbekannte Situationen korrekt zu reagieren? Diese Fähigkeit lässt sich bestenfalls indirekt testen. Eventuell müssen Teilmetriken für besser verstandene Aspekte verwendet und ihre Kombination als Basis für eine komplexere Metrik untersucht und evaluiert werden.  Eine weitere Möglichkeit wäre es, Metriken mit einer Art „Unschärfe“-Relation zu versehen, die die bedingte Aussagekraft einzelner Werte nachvollziehbar macht. Neben der Frage der Bewertung von Resilienz werden Ansätze, die dazu dienen, Systeme resilienter zu machen, untersucht. Hier gibt es einen eindeutigen Querbezug zum Thema IT-Sicherheit und zum Thema Zuverlässigkeit, das in der Abteilung System Architectures bearbeitet wird. Die Erkenntnisse, die beim Entwurf solcher „Teillösungen“ gewonnen werden, sollen in eine Designmethodik oder zumindest Guidelines münden, die es Ingenieuren ermöglichen, „Resilience by Design“ zu erreichen. Hierzu sollen die individuellen Lösungen in ein Baukastensystem überführt und somit nachnutzbar gemacht werden. 

    Ein Ansatz, der hier konkret untersucht werden soll, ist der Spagat zwischen Resistenz kryptographischer Schaltungen gegen Seitenkanal- und Manipulationsangriffe und ist ein weiteres wichtiges Problem, das einerseits mittels Anwendung von neuartigen Gatter, z. B. der IHP-radiationsharten JICG- oder TMR-basierten Gatter, gelöst werden kann. Anderseits wurde eine intelligente dynamische Rekonfiguration von redundanten Blöcken (Modulen) als eine komplementäre Lösung gedacht. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die  Resistenz der IHP-RRAMs gegen Manipulationen, beispielsweise mittels lokalisierter optischer Fehlerinjektionen, der in der Abteilung Wireless Systems in Zusammenarbeit mit der Abteilung Materials Research untersucht wird. Die Manipulationsresistenz der RRAM-Zellen bzw. die Methoden zur Erhöhung der Resistenz spielen eine signifikante Rolle bei der Anwendung von RRAM-Strukturen als Hardwarebeschleuniger der KI-Methoden.

    Neben den bereits genannten Aspekten soll in der Zukunft die Übertragung von Resilienz-Ansätzen aus der Natur untersucht werden. Ein besonders interessantes Beispiel sind Oktopusse, deren Arme auch nach Abtrennen des „Gehirns“ erlernte Aufgaben zumindest noch teilweise korrekt erfüllen können.

Prof. Dr. rer. nat. Peter Langendörfer

Abteilungsleiter

IHP 
Im Technologiepark 25
15236 Frankfurt (Oder)
Deutschland

Sekretariat:
Franziska Koch
Telefon: +49 335 5625 764
Fax: +49 335 5625 671
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