IHP-Technologie vervielfacht Bandbreite der Bauteile
Frankfurt (Oder). Einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord stellt die am IHP – Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik entwickelte, wellenleiter-gekoppelte Germanium-Fotodiode auf. Der Durchbruch gelang durch ein spezielles Design, in dem eine ultradünne Germanium-Lamelle als Teil einer Fotodiode auf einem Silizium-Wellenleiter integriert wurde. Die Ergebnisse der Spitzenforschung wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Photonics“ veröffentlicht, die eine Illustration der Fotodiode für das Cover der Dezember-Ausgabe wählte und damit den Stellenwert dieses Forschungsergebnisses betont.
Optische Wellenleiter ermöglichen es, den exponentiell wachsenden Bedarf an Daten durch immer größere Datenübertragungsraten in Kommunikationssystemen gerecht zu werden. Nach der optischen Übertragung über die Glasfaser erfolgt eine Umwandlung des modulierten Lichts in elektrische Signale durch Fotodioden. Bisher konnten Ansprüche an höchste Datenraten lediglich durch InP-basierte Detektoren erfüllt werden. Einer internationalen Wissenschaftlergruppe unter Federführung des IHP ist es durch ein neuartiges Bauelementkonzept gelungen, eine wellenleiter-gekoppelte Germanium-Fotodiode herzustellen, die erstmals die Bandbreiten InP-basierter Fotodioden übertraf. Die opto-elektronische Bandbreite der Germanium-Fotodiode konnte im Vergleich zum bisherigen IHP-Rekord von 2020 ohne Beeinträchtigung wichtiger Paramter wie Effizienz und Dunkelstrom mehr als verdoppelt werden. Damit ist die vorgestellte Fotodiode die schnellste ihrer Art. Dies hat unmittelbare Relevanz für Anwendungen mit ultraschneller Datenübertragung, beispielsweise in der Kommunikation, aber auch bei Signalgenerierung und Sensorik. Insbesondere die Realisierung in einem Silizium-kompatiblen Materialsystem ermöglicht es, zukünftige elektro-photonische Systeme höchster Performance kosteneffizient und in großen Stückzahlen zu fertigen.
„Kommerzielle Germanium-Fotodioden weisen opto-elektrische Bandbreiten um die 50 GHz auf“, erklärt IHP-Wissenschaftler Dr. Stefan Lischke, der Erstautor der Veröffentlichung. Seit 2007 ist er am IHP tätig und war bereits 2015 an der Aufstellung des ersten Weltrekords von 67 GHz Bandbreite einer IHP-Germanium-Fotodiode beteiligt. Stefan Lischke promovierte 2017 zu integrierten Fotodioden, mit dem Ziel nach Abschluss seiner Dissertation das Bauteil weiter zu entwickeln. Erste Veränderungen im Layout und Optimierungen im Fertigungsprozess führten 2020 zum Teilerfolg: Eine Fotodiode mit 110 GHz konnte auf dem International Electron Devices Meeting (IEDM) vorgestellt werden, der renommiertesten Konferenz auf dem Gebiet elektrischer Bauelemente. Im Rahmen der weiteren Bauelementforschung fanden Wissenschaftler und Prozessingeneure einen Weg, die neue Fotodiode mit noch kleineren Dimensionen in der Pilotlinie des IHP zu fertigen. „Wir wussten, dass uns da etwas Wegweisendes gelungen ist“, sagt Stefan Lischke voller Begeisterung. „Die sehr kleine Fotodiode weist an ihrer schmalsten Stelle eine Breite von nur ca. 60 Nanometer auf, also eine Schichtdicke von etwa 500 Germanium-Atomen. Diese Dimensionen sind der Schlüssel für die hohe Geschwindigkeit.“ Für die Messung der Bandbreite wurde das Bauteil in die USA, zur Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Andreas Behling an der Universität von Virginia, geschickt. Das Spitzenteam in den USA ist in der Lage Frequenzen bis 350 GHz zu messen und konnte so den Weltrekord der Germanium-Fotodiode auf 265 GHz verifizieren.
„Für eine solche Entwicklung wird neben außergewöhnlicher technischer und technologischer Expertise auch Kreativität, Leidenschaft und Engagement benötigt“, würdigt der Wissenschaftlich-Technische Geschäftsführer des IHP, Prof. Dr. Gerhard Kahmen, die Leistung. „Dem Team Siliziumphotonik in der Abteilung ,Technology‘ am IHP ist es gelungen, die Fotodiode als eines der wichtigsten Bauelemente so weiterzuentwickeln, dass sie für extrem hohe Datenraten jenseits von Terrabit pro Sekunde zum Einsatz kommen kann. Die Entwicklung dieses Rekordbauelements unterstreicht, dass die industrienahe deutsche Forschung in der Lage ist, im Bereich der Halbleitertechnologie Spitzenleistungen zu erzielen. Solche Ergebnisse sind notwendig, um einen Schritt in Richtung Technologie-Souveränität zu gehen.“